Konstruktive Merkmale der Intelligenz

Aus Informatik
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Eine zweite Möglichkeit, das Intelligenzphänomen wissenschaftlich zu fassen, besitzt einen stärker in die Tiefe gehenden konstruktiven Charakter. Sie besteht darin, dass man durch Beobachtung am Menschen gewonnene und aus diesen Beobachtungen abstrahierte Fähigkeiten bzw. Merkmale definiert, die ein beliebiges System (ob künstlich oder natürlich) haben muss, um intelligent zu sein. Als wichtigste Merkmale können die folgenden angesehen werden:

M1: Die Fähigkeit, mit beliebigen Symbolen (nicht nur mit Zahlen) operieren zu können.
M2: Der Besitz eines inneren Modells der äußeren Welt, was die Fähigkeit zur Wissensrepräsentation beinhaltet.
M3: Die Fähigkeit, das gespeicherte Wissen zweckentsprechend einzusetzen, wobei das Wissen selbst und die Fähigkeit, es zielgerichtet einzusetzen, als voneinander getrennt anzusehen sind.
M4: Die Fähigkeit, die im gespeicherten Wissen enthaltenen Zusammenhänge aufzudecken, d. h. logisch schlussfolgern zu können.
M5: Die Fähigkeit zur Verallgemeinerung (Abstraktion) und zur Spezialisierung (d. h. zu Anwendung allgemeiner Zusammenhänge auf konkrete Sachverhalte).
M6: Das Vermögen, erworbenes Wissen und vorhandene Erfahrung auf neue, bisher unbekannte Situationen zu übertragen.
M7: Die Fähigkeit, sich planvoll zu verhalten und entsprechende Strategien zum Erreichen der Ziele bilden zu können.
M8: Anpassungsfähigkeit an verschiedene, u. U. sich zeitlich ändernde Situationen und Problemumgebungen.
M9: Lernfähigkeit, verbunden mit dem Vermögen, partiellen Fortschritt oder Rückschritt einschätzen zu können.
M10: Die Fähigkeit, auch in unscharf bzw. unvollständig beschriebenen oder erkannten Situation handeln zu können.
M11: Die Fähigkeit zur Mustererkennung (Besitz von Sensoren) und zur aktiven Auseinandersetzung mit der Umwelt (Besitz von Effektoren).
M12: Die Fähigkeit, über ein Kommunikationsmittel von der Komplexität und Ausdrucksfähigkeit der menschlichen Sprache zu verfügen.

Die ersten drei Merkmale sind besonders wichtig und können als notwendige Bedingungen dafür angesehen werden, dass ein System die Eigenschaft, intelligent zu sein, besitzt. Sie sind aber noch nicht ausreichend. Alle zwölf Merkmale findet man, außer beim Menschen, heute in keinem künstlich geschaffenen System zur gleichen Zeit vor.

Die angegebenen Merkmale beleuchten aber insgesamt das Phänomen der Intelligenz recht gut. Man kann sagen, dass in dem Maße, wie ein System diese Eigenschaften mehr oder weniger stark besitzt, sich das System entsprechend intelligent oder weniger intelligent verhält. Die konstruktive Betrachtungsweise hat noch einen weiteren Vorteil. Sie hilft bei einer Grenzziehung zwischen Systemen der Künstlichen Intelligenz und traditionellen Programmsystemen. So erfordert das Steuern einer komplizierten Maschine vom Menschen sicherlich Intelligenz. Trotzdem würde man ein Steuerprogramm z. B. für eine Werkzeugmaschine nicht als intelligent bezeichnen und zwar deshalb, weil mindestens eines der drei Kriterien M1 bis M3 nicht erfüllt ist.